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NRW-Unternehmensverbände: 2023 muss ein Jahr der Umsetzung werden – in Bund und Land

22. Februar 2023

Als „Kardinalfrage für unser Land“ haben die nordrhein-westfälischen Unternehmer die sichere und bezahlbare Energieversorgung bezeichnet. „Hier entscheidet sich die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland“, sagte der Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen (unternehmer nrw), Arndt G. Kirchhoff, am Mittwoch in Düsseldorf. Seine größte Sorge für die nächsten Monate bleibe, „dass unsere Unternehmen in eine dauerhafte Energiepreiskrise hineinrauschen“. Im Vergleich mit anderen Industriestandorten laufe Deutschland angesichts viel zu hoher Energiepreise schon mittelfristig Gefahr, nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein. Zwar seien die Energiepreisbremsen im Ansatz gut gemeint, es herrsche aber erheblicher Korrekturbedarf. Gegenwärtig laufe das Instrument völlig ins Leere, die Rückmeldungen insbesondere aus dem energieintensiven Mittelstand führender Industriebranchen wie Chemie, Stahl, Papier, Glas oder Aluminium seien alarmierend. „Wir brauchen schnell einen verlässlichen Industriestrompreis auf europäischer Ebene, und wenn der nicht kommt, dann eben einen Preis für Deutschland“, forderte Kirchhoff, „andernfalls droht uns, dass viele Unternehmen aufgeben müssen mit erheblichen Gefahren für unsere Wertschöpfungsketten.“

Angesichts des enormen Handlungsdrucks bei der Transformation des Landes sei insbesondere bei Planungs- und Genehmigungsverfahren mehr Tempo erforderlich. „2023 muss ein Jahr der Umsetzung werden“, erklärte der NRW-Unternehmerpräsident. Das in Rekord-Geschwindigkeit geplante, errichtete und in Betrieb genommene LNG-Terminal in Wilhelmshaven müsse Benchmark für alle notwendigen Infrastrukturprojekte werden. Deutschland habe zu lange von seiner Substanz gezehrt und seine Infrastruktur sträflich vernachlässigt. „Die Ampel muss jetzt liefern“, erklärte Kirchhoff. Blockaden bei Windrädern, Trassen und Konvertern sowie bei Ausbau und Sanierung von Autobahnen, Straßen, Brücken, Schiene und Wasserstraßen vertrügen sich nicht mit dem vom Bundeskanzler ausgerufenen neuen Deutschland-Tempo. Gleiches gelte für immer neue bürokratische Gesetzesvorhaben und teure arbeits- und sozialpolitische Projekte des Bundesarbeitsministers. Dessen Ankündigungen zu Mobile-Arbeit-Gesetz, Tariftreuegesetz oder Arbeitszeitgesetz ließen befürchten, dass das vom Bundeskanzler angekündigte Belastungs-Moratorium für die Wirtschaft zu einem leeren Lippenbekenntnis verpuffe. Als „geradezu grotesk“ bezeichnete Kirchhoff die von Teilen der Koalition angestoßene Debatte um Steuererhöhungen. „Sie wären eine Blutgrätsche gegen Zukunftsinvestitionen und damit gegen die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland“, erklärte er.

Der schwarzgrünen Landesregierung bescheinigte der NRW-Unternehmerpräsident einen „vielversprechenden Start“. Der Austausch der Wirtschaft mit den Mitgliedern des Kabinetts sei eng, die Zusammenarbeit vertrauensvoll. Mit Blick auf die ehrgeizigen Ziele der Koalition, erstes klimaneutrales Industrieland Europas werden und bis 2030 aus der Kohleförderung im Rheinischen Revier aussteigen zu wollen, bezeichnete Kirchhoff diese Legislaturperiode als „entscheidend“. Es seien gewaltige Anstrengungen in nahezu allen Bereichen notwendig. „Wir brauchen auch ein neues Nordrhein-Westfalen-Tempo“, betonte Kirchhoff. Er erwarte, dass die Landesregierung auch einen eigenen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts NRW leiste. Die wirtschaftsfeindlichen umweltpolitischen Sonderwege gingen nach wie vor über EU- und Bundesrecht hinaus und blieben ein schwerer Bremsklotz für Investitionen. Auch bei Umweltverträglichkeitsprüfungen müsse es um Artenschutz insgesamt gehen, „aber nicht um jeden einzelnen Feldhamster“.

Eine höhere Geschwindigkeit benötige NRW auch beim Thema Wasserstoff. Der Transformationsdruck habe sich durch den Wegfall russischen Gases noch einmal erhöht, umso wichtiger sei der schnellstmögliche Ausbau von Pipelines an die Seehäfen. Die NRW-Industrie benötige dieses wichtige Signal, um in die Umrüstung ihrer Anlagen zu investieren. Nur so könne die Transformation der Wirtschaft auch gelingen. „Und wir brauchen gerade in dieser Zukunftsfrage erst einmal alle Wasserstoff-Farben“, erklärte Kirchhoff. An dieser Stelle müsse die Landesregierung Kurs halten.

Den Fachkräftemangel auf breiter Front bezeichnete der NRW-Unternehmerpräsident als „eines der zentralen Wachstumshemmnisse“. Die Landesregierung müsse in diesem Langfrist-Projekt jetzt kurzfristig wirkende Weichen stellen. Dies gelte für den KITA-Ausbau zur Erleichterung der Erwerbsbeteiligung in Familien. Die Berufsorientierung an Schulen müsse bereits vor Klasse 8 beginnen, Gymnasien müssten bei diesem Thema viel mehr in die Pflicht genommen werden. Und auch bei der Datenerfassung müsse endlich etwas geschehen, damit unversorgte Schulabgänger oder Studienabbrecher nicht im Nirwana verschwänden, sondern berufliche Perspektiven erhielten. Überdies müsse in Behörden etwa durch einen schnelleren Vollzug von Verfahren eine Willkommenskultur für Zugewanderte etabliert werden.